Philipp Untersander, zuerst: Was bedeutet der Name Swifiss?
Ganz einfach: Switzerland, kombiniert mit wie die Appenzeller sind – g«fi»t«ss»t.
Für Sie war Corona ein Glücksfall, wenn man in diesem Zusammenhang von Glück sprechen kann – Sie haben zu Beginn der Pandemie im Frühling 2020 sehr schnell auf Desinfektionsmittelherstellung umstellen können. Wie ist Ihnen das gelungen?
Wir starteten sehr dynamisch und erfolgreich, dann kam der Corona-Schock – die Kosmetikbestellungen brachen um etwa 80 Prozent ein. Dank der Initiative der Mitarbeiter und dem guten Verhältnis zwischen den Teams, die sich nächtelang Gedanken über neue Möglichkeiten gemacht haben, ist uns dann der Coup mit den Desinfektionsmitteln gelungen, für die wir den Alkohol von der Brauerei Locher beziehen konnten. Zusätzlich hatte die Geschäftsleitung den Mut zum Risiko: Sie musste entscheiden, ob wir über 200 000 Franken riskieren wollen. Der Plan und der Mut haben dann aber im wahrsten Sinne des Wortes das Swifiss-Leben gerettet. Unser Motto dabei war: Vertrauen ist Mut, Treue ist Kraft (Marie Freifrau von Ebner Eschenbach).
Dann, als der «Desinfektionshype» wieder abgeklungen war, haben Sie sich im August 2020 einen internationalen Grosskunden geangelt – Mercadona, die grösste spanische Supermarktkette. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Hier durften wir von der Vorgängerfirma profitieren: Vieles war an dem Auftrag für zwei Gesichtsgels – eines für die Frau, eines für den Mann – schon aufgegleist, wir haben sie perfektioniert und konnten den Kunden so definitiv für uns gewinnen. Offenbar waren wir bzw. unsere Vorgängerfirma die Einzigen, die es Geschäft hatten, in das Gesichtsgel für die Frau Luftblasen einzubringen – Mercadona hatte zuvor 50 potenzielle Lieferanten angefragt, keiner konnte das. Das war zwar trickreich, ist uns aber schlussendlich gelungen. Zusätzlich haben wir noch viel Geld in die Logistik gesteckt. Denn wir müssen sicherstellen, dass ein Monatsbedarf immer sofort verfügbar ist. Wir bekommen täglich die Verkaufszahlen aller rund 1900 Mercadona-Filialen und müssen dann berechnen, wie der zu liefernde Bedarf ist. Das war und ist eine logistische Herausforderung, die wir mit unserem Kunden und unseren Lieferanten gemeinsam koordinieren.
Es ist beeindruckend, dass sich hier ein Betrieb aus Appenzell gegen internationale und sicher auch grössere Mitbewerber durchsetzen konnte. Wie schaffen Sie es, trotz hohen Schweizer Lohnkosten konkurrenzfähig zu produzieren?
Die wichtigsten Faktoren sind immer das Team und der Wille, sich ständig zu verbessern – «je kühner der Traum, desto wichtiger das Team». Wir hinterfragen Prozesse immer wieder und optimieren wo immer möglich. So können wir heute mit weniger Personal mehr Volumen herstellen. Wir haben eine tolle Mannschaft und arbeiten mit einem «Unbossed»- System, d. h. wir entscheiden immer im Team. Das bringt quer durch die ganze Firma einen optimalen Informationsfluss; jeder ist immer auf dem gleichen Stand. Zusätzlich bekommt jeder Mitarbeiter Wertschätzung von allen, was automatisch zu Motivation führt. So stellen wir uns jederzeit gerne jedem Mitbewerber.
Etwa ein Jahr vor dem Mercadona-Coup wurde bekannt, dass Sie zusammen mit zwei weiteren Investoren – Ernst Sutter, Christine Deppermann – den Geschäftsbetrieb der konkursiten Intracosmed übernommen hatten. Was gab damals den Ausschlag, dass Sie sich wieder als Unternehmer betätigen wollten? Wir hatten uns vorher nicht gekannt, wurden vom Konkursverwalter
zusammengebracht und waren dann schnell und einstimmig überzeugt, aus diesem Rohdiamanten etwas Einmaliges zu schafen. Denn wir sind alle drei mit dem Appenzellerland verbunden und wollten den Mitarbeitern und ihren Familien eine Existenz bieten. Die Firma aufzubauen und dann wieder zu verkaufen, ist nicht unser Plan. Das Ausschlaggebende war aber wohl, dass wir drei die gleiche Blutgruppe haben: ehrlich, kompetent und zuverlässig. Wir vertrauen uns blind, weil wir zu unserem Wort stehen. Diese Moral und dieser Respekt gehen durch die ganze Firma. Wo gibt es denn dies sonst noch, per Handschlag eine Abmachung zu treffen und dann ohne die kleinste Störung zusammenzuarbeiten? Das ist es, was mir wirklich grosse Freude macht.
Swifiss bezeichnet ihre Produkte selbst als «Premiumkosmetik Made in Switzerland». Kann ich Swifiss-Kosmetik auch irgendwo kaufen, oder fungieren Sie «nur» als Lohnhersteller/- entwickler für Dritte?
Wir haben vier Kompetenzen: Konzeptionierung und Entwicklung von neuen Produkten, regulatorische Abklärungen, Registrierungen sowie die Lohnherstellung, bei der wir Produkte für unsere Kunden nach Vorgabe produzieren. Und seit Oktober 2021 haben wir auch einen Webshop, in dem wir eigene Produkte anbieten, die mit einem Kundenlabel versehen und somit personalisiert werden können, ich denke da etwa an Hotels oder Kosmetikstudios. Auf eine eigene Marke verzichten wir aber – wir wollen ja nicht unsere Kunden konkurrieren, die uns schon lange die Treue halten. Das wäre unfair. Ich fände es auch ziemlich überheblich zu glauben, dass wir die grosse Kompetenz, die sich unsere Kunden über Jahre aufgebaut haben, schlagen könnten.
Apropos Kunden: Können Sie etwas über diese verraten?
Wir dürfen mit rund 40 aktiven Kunden zusammenarbeiten. Diese haben uns die Treue gehalten, und nach bald zwei Jahren kann ich mit Überzeugung sagen, dass wir sehr faire, ehrliche und erfolgreiche Partner bedienen dürfen. Wir sind stolz, dass unsere Kunden erfolgreich sind, und geben täglich unser Bestes, damit sie noch erfolgreicher werden.
Zum Schluss:
Mit welcher Innovation überrascht die Swifiss als Nächstes?
Wir haben ein tolles Projekt gestartet. Geben Sie uns noch ein bisschen Zeit – es wird aber eine einzigartige Sache. Soviel sei vorab schon verraten: Wir bleiben uns treu, sind ehrlich und schätzen das Appenzellerland wie auch die Schweiz sehr, das wird über alles die Botschaft sein. Bodenständig, fleissig und mit «Bureschläui» eben.